Husten bei Speiseröhrenentzündung
Gastroösophagealer Reflux und Husten
Chronischer Husten (länger als 8 Wochen) wird durch Anamneseerhebung, körperliche Untersuchung, Röntgenaufnahme der Thoraxorgane in zwei Projektionen und Lungenfunktionsprüfung abgeklärt. So lassen sich diverse potenzielle Ursachen wie Lungentumoren, diffuse Lungenerkrankungen, Tuberkulose, COPD usw. identifizieren. Bleiben diese Maßnahmen ohne eindeutige Ursache, müssen mögliche Erkrankungen der oberen Atemwege, Asthma ohne ausgeprägte Bronchialobstruktion (Husten als Asthmaäquivalent) oder die gastroösophageale Refluxkrankheit (GERD) in Betracht gezogen werden.
Die GERD galt früher als eine der Ursachen für chronischen Husten. Die medikamentöse Refluxbehandlung - trotz hoher Wirksamkeit gegen typische Refluxbeschwerden wie Sodbrennen - zeigte jedoch nur eine geringe Wirksamkeit gegen den Refluxhusten. Heute wird Reflux nicht mehr als alleinige Ursache, sondern als Auslöser für chronischen Husten betrachtet. Dieser tritt nur auf, wenn die Hustenreflexempfindlichkeit pathologisch erhöht ist. Das erklärt, warum nur ein kleiner Teil der Refluxpatienten hustet. Die Prävalenz der gastroösophagealen Refluxkrankheit ist in den Industrieländern hoch. In einer deutschen Allgemeinpraxis zeigten 51 % der nicht selektierten Patienten Refluxsymptome.1
In einer kontrollierten Studie2 mit objektiver Erfassung von Husten (akustischer Husten-Monitor) und Reflux (Impedanz-pH-Metrie) untersuchten J. Smith et al. die Assoziation von Husten und Reflux. Sie stellten fest, dass Patienten, deren Husten durch Reflux ausgelöst wird, eine erhöhte Hustenreflexsensitivität haben. Sie husten im Vergleich zu Kontrollpersonen stärker, jedoch weisen sie nicht mehr Refluxepisoden oder eine längere Säurereexposition im Ösophagus auf. Andererseits, wenn Husten-induzierte Druckschwankungen im Ösophagus Reflux auslösen, kann dies auf eine Schädigung der Refluxbarriere (untere Ösophagussphinkter) und eine verlängerte Säurereexposition hinweisen. Die Hustencharakteristika bleiben aber unverändert.
Die Grenze zwischen physiologischem und pathologischem Reflux ist fließend. Die Diagnose der gastroösophagealen Refluxkrankheit setzt neben dem pathologischen Reflux (definiert als pH-Wert <4 im distalen Ösophagus mehr als 6 % der Zeit während der 24-Stunden-Messung) lebensqualitätseinschränkende Symptome voraus.
Husten wurde als extraösophageales Symptom der Refluxkrankheit definiert.3 Doch nicht jeder Refluxpatient hustet.
Zwei Mechanismen werden für den Refluxhusten diskutiert:
a. Reflextheorie: Der Husten wird durch gastroösophagealen Reflux im distalen Ösophagus reflektorisch ausgelöst.
b. Aspirationstheorie: Pathologischer gastroösophagealer Reflux führt zu Mikroaspirationen. Die Rückführung von Flüssigkeit und Mageninhalt in den proximalen Ösophagus und den Pharynx reizt die Schleimhaut der oberen Atemwege und führt zu Mikroaspirationen in den unteren Atemwegen, was zu Hustenanfällen führt.
Diagnostik und Nachweismethoden
- In der Praxis und epidemiologischen Studien wird GERD meist anhand typischer Symptome wie Sodbrennen und Regurgitation diagnostiziert. Dieses Vorgehen ist weder sensitiv noch spezifisch.4 Die klinische Diagnose von Refluxhusten ist noch komplexer, da Refluxhusten ohne Sodbrennen auftreten kann5, 6 und Reflux bei den meisten Patienten keinen Husten auslöst.
- Eine Diagnose ex juvantibus durch PPI-Therapie mit oder ohne Motilitätsmedikamente wird nur empfohlen, falls eine Indikation aufgrund typischer Refluxsymptome bereits besteht.3, 7
- Eine endoskopische Untersuchung der Speiseröhre liefert nur bei Ösophagitis Hinweise auf GERD, der negative prädiktive Wert ist jedoch gering.8 Sie ist daher allein nicht geeignet, um GERD auszuschließen. Der Nachweis einer Refluxösophagitis alleine genügt auch nicht, um die Kausalität von Reflux und Husten zu belegen.
- Um die gastroösophageale Refluxkrankheit als Ursache des chronischen Hustens zu bestätigen, sollte eine 24-Stunden-pH-Metrie-Impedanzmessung im Ösophagus durchgeführt werden, wenn nach dem diagnostischen Ablauf keine andere Ursache für den Husten gefunden wurde (Abb. 1). Eine Kausalität zwischen Husten und gesichertem Reflux kann angenommen werden, wenn eine Wahrscheinlichkeit für die Symptomassoziation über 95 % liegt.9
- Eine neue Methode mit einer oropharyngeal platzierten Sonde erlaubt die Messung von aerosolisierter Säuresubstanz aus dem Ösophagus. Normwerte sind etabliert.10 Eine größere Untersuchung mit Patienten mit typischen und extraösophagealen Refluxsymptomen zeigte, dass die oropharyngeale pH-Metrie zusätzliche Informationen liefert und für die chirurgische Entscheidung hilfreich sein kann.11 Ihre Bedeutung in der Hustendiagnostik ist jedoch noch nicht endgültig etabliert.
Medikamentöse Therapie
Eine Metaanalyse aus 2016 zum medikamentösen Refluxhusten durch das Chest Guideline Panel12 ergab in 14 Studien keinen signifikanten Effekt von PPI-Medikamenten im Vergleich zu Placebo. Es besteht eine hohe Placebowirkung. Lebenssstiländerungen und Gewichtsreduktion sind effektiver. In den amerikanischen Leitlinien wird auch die Erhöhung des Kopfteils des Bettes empfohlen. Bestehen zusätzlich typische Refluxbeschwerden (Sodbrennen, Aufstoßen, retrosternale Schmerzen), werden PPI, H2-Blocker, Alginate und Antazida empfohlen. Bei typischer Refluxsymptomatik und rascher Wirkung auf PPI dauert es durchschnittlich drei Monate, um den Husten zu lindern.13 Im Gegensatz zum klassischen Reflux ist oft eine Dauertherapie mit hohen PPI-Dosen nötig. Ein Absetzversuch nach einem Jahr wird empfohlen. Bei Rezidiven sollte die Therapie fortgesetzt und eine chirurgische Therapie nach umfassender gastroenterologischer Diagnostik geprüft werden.
Der fehlende Erfolg der PPI-Therapie beim Refluxhusten kann in einigen Fällen darauf zurückzuführen sein, dass auch geringer saurer Reflux mit Pankreasenzymen und Galle Husten verursachen kann, auch wenn die Säureproduktion durch PPI vollständig unterdrückt wird.14
Chirurgische Therapie
Medikamentöse Maßnahmen reduzieren die Säurereexposition im Ösophagus, haben aber keinen Einfluss auf Reflux von schwach sauren oder alkalischen Mageninhalten, welche aggressive Enzyme (z.B. Trypsin) enthalten. Selektierte Patienten mit typischen Refluxsymptomen (Sodbrennen) profitieren oft von einer laparoskopischen Antirefluxchirurgie (Fundoplikatur und weitere Maßnahmen). Bei ausschließlicher chirurgischer Behandlung refraktärer Refluxhusten muss berücksichtigt werden, dass Reflux kein Ursach sondern Triggerfaktor für den Husten ist. Patienten mit durch Impedanz-pH-Metrie nachgewiesenem und klar mit dem Husten assoziiertem Reflux könnten von einer Operation profitieren. Die Indikation sollte in erfahrenen Ösophaguschirurgie-Zentren gestellt werden.
1 Hollenz M et al.: Dtsch Med Wochenschr 2002; 127: 1007-12 2 Smith JA et al.: Z Gastroenterol 2010; 139: 754-62 3 Koop H et al.: Z Gastroenterol 2014; 52: 1299-346 4 Dent J et al.: Gut 2010; 59: 714-21 5 Ing AJ et al.: Thorax 1991; 46: 479-83 6 Irwin RS et al.: Am Rev Respir Dis 1989; 140: 1294-300 7 Irwin RS et al.: Chest 2002; 121: 1132-40 8 Koop H et al.: Z Gastroenterol 2014; 52: 1299-346 9 Ummarino D et al.: Laryngoscope 2013; 123: 980-94 10 Ayazi S et al.: J Gastrointest Surg 2009; 13: 1422-29 11 Fuchs HF et al.: Dis Esophagus 2018, doi: 10.1093/dote/doy018. [Epub ahead of print] 12 Kahrilas PJ et al.: Am J Respir Crit Care Med 2002; 165: 1469-74 13 Irwin RS, Madison JM.: Am J Respir Crit Care Med 2002; 165: 1469-74 14 Kahrilas PJ et al.: Lung 2014; 192: 39-46