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Madenwürmer: Meldepflicht in der Kita?

Hannover, 02.07.2020 – Junge Kinder lieben es zu spielen, sei es auf dem Boden oder im Sandkasten. Sie erkunden die Welt in der oralen Phase mit ihrem Mund und inspizieren auf diese Art nahezu alles, was ihnen begegnet. Dabei können die Kinder durch direkten Handkontakt oder durch Einatmen die ovalen, ungefähr 20 – 30 µm großen Eier der Madenwürmer aufnehmen und sich infizieren. Schätzungen zufolge waren bereits bis zu 40 Prozent aller Kinder im Alter von fünf bis neun Jahren von einer solchen Infektion betroffen. In deutschen Kinderarztpraxen werden wöchentlich bis zu fünf Kinder aufgrund eines Infektionsverdachts vorgestellt. Der Befall ist in der Regel unbedenklich, jedoch sollte den kleinen Würmern schnellstmöglich der Garaus gemacht werden. Sobald Eltern einen ersten Verdacht haben, rät die Apothekerkammer Niedersachsen zu einem sogenannten „Klebestreifentest“. Die lokalen Apotheken geben Ratschläge zur Durchführung dieses Tests.

Lästiges Übel im Schlaf
Madenwürmer (Enterobius vermicularis) leben unauffällig im Dickdarm, weshalb der Parasitenbefall oft über einen längeren Zeitraum unerkannt bleibt. Am Abend wandert das Weibchen in Richtung After und legt dort rund 10.000 Eier ab. Die Konsequenz: Die Kinder leiden unter nächtlichem Juckreiz im Anal- sowie Vaginalbereich. Infolgedessen kann die Nacht sehr unruhig sein. Sollten Eltern beim Windelwechseln oder im Slip kleine Würmer entdecken, besteht kein Grund zur Besorgnis. Allerdings sollte das betroffene Kind umgehend einem Arzt vorgestellt werden. Bei Mädchen besteht die Gefahr, dass der Wurm die weiblichen Geschlechtsorgane befällt und dort eine Entzündungsreaktion hervorruft. Bei einem sehr starken Befall kann es zu Diarrhoe, Abdominalschmerzen und Nausea kommen, in seltenen Fällen zu entzündlichen Prozessen in der Darmwand.

Korrekte Handhabung der Medikation
In der Selbstmedikation, also ohne ärztliches Rezept, kann Pyrvinium, ein Wirkstoff aus der Gruppe der Anthelminthika, für Kinder ab einem Lebensjahr verwendet werden. Bei der Verabreichung von Pyrvinium entsteht ein Farbstoff, der den Stuhl hellrot verfärbt und aus Textilien schwer zu entfernen ist – Eltern sollten sich nicht erschrecken und denken, es handle sich um Blut im Urin. Wenn die Kinder jünger sind, sollten Eltern Wurmmittel nur nach Absprache mit dem behandelnden Arzt anwenden. Für die Jüngsten gibt es in der Apotheke vor Ort eine Suspension, die vor Gebrauch geschüttelt und mit Fruchtsaft gemischt werden kann. Für ältere Kinder gibt es Präparate, deren Wirkstoff allerdings zu leichten Magen-Darm-Beschwerden führen kann. Der Wirkstoff wirkt lediglich lokal im Dickdarm. Andere Präparate mit Wirkstoffen wie Pyrantel, Albendazol und Mebendazol sind rezeptpflichtig.

Familienmitglieder direkt mitbehandeln
Eine medikamentöse Behandlung ist erforderlich, selbst wenn Madenwürmer und Eier nach einigen Wochen von alleine absterben. Ohne entsprechende Präparate kommt es immer wieder zu einem neuen Befall durch orale Aufnahme oder Inhalation noch existenter Eier in der Umgebung. Daher sollten alle betroffenen Patienten – einschließlich Geschwister und Eltern – die Therapie am gleichen Tag beginnen und diese mindestens einmal nach vierzehn Tagen wiederholen. Schwangere Frauen sollten besser ärztlichen Rat einholen. Auch eine dritte Einnahme nach weiteren zwei Wochen kann in Betracht gezogen werden, um alle Entwicklungsstadien des Wurms zu erfassen. Wenn die Therapie keinen Erfolg zeigt, ist dies ein Anzeichen für eine erneute Infektion im Familienkreis. Deshalb werden nahestehende Angehörige vorsorglich mitbehandelt.

Auch Selbstinfektion wieder möglich
Nach einer erstmaligen Infektion gelangen die ausgeschiedenen, klebrigen Eier durch Kratzen am After aufgrund des resultierenden Juckreizes an Hände und Fingernägel und von dort zurück in den Mund (Selbstinfektion) oder auf Türklinken oder Spielsachen (Weitergabe der Infektion). Da die Eier in einer feuchten Umgebung bis zu drei Wochen infektiös bleiben, ist auch nach erfolgreicher Behandlung des Patienten bei ungenügender Reinigung der Umgebung eine erneute Infektion durch verbleibende Eier möglich.

Umfassende Hygiene
Die Eier bleiben unter kühlen, feuchten Bedingungen bis zu 21 Tage infektiös. Daher sollten zu Beginn der Behandlung auch Bettwäsche, Handtücher, Kleidung und Stofftiere bei 60°C gewaschen werden. Schlafräume werden gründlich durchgewischt, Türklinken und Sanitäranlagen geputzt und Spielzeug mit heißem Wasser gereinigt. Der Einsatz von Desinfektionsmitteln ist in der Regel nicht erforderlich. Es wäre jedoch verfehlt zu folgern, dass eine Infektion ein Zeichen für mangelnde Sauberkeit im Haushalt ist. Die tägliche Hygiene ist von höchster Bedeutung: Regelmäßiges und gründliches Händewaschen mit Seife gehört ebenso dazu wie kurz geschnittene Fingernägel. Kleinkinder werden möglichst eng gewickelt, um weiteres Kratzen im Schlaf zu vermeiden. Sogenannte Familienhandtücher sollten vermieden werden. Außerdem sollten Obst, Gemüse und Salat vor dem Verzehr sorgfältig gereinigt werden.

Besuch der Kita unbedenklich
Das Kind kann die Kindertagesstätte oder den Kindergarten weiterhin besuchen. Obwohl die Erkrankung nicht meldepflichtig ist, sollten das Erzieherteam und die Eltern von befreundeten Kindern informiert werden. Dadurch können weitere Ansteckungen verhindert und auch Ansteckungsherde in der Tagesstätte entdeckt werden.

Der Apothekerkammer Niedersachsen gehören etwa 7.800 Mitglieder an. Der Apotheker ist ein fachlich unabhängiger Heilberufler. Der Gesetzgeber hat den selbstständigen Apothekern die sichere und flächendeckende Versorgung der Bevölkerung mit Medikamenten anvertraut. Dieser Beruf setzt ein vierjähriges Pharmaziestudium an einer Universität und ein praktisches Jahr voraus. Hierbei erlangt der Student Kenntnisse in pharmazeutischer Chemie und Biologie, Technologie, Pharmakologie, Toxikologie und Klinischer Pharmazie. Im Anschluss an das Staatsexamen wird die Approbation erteilt. Ausschließlich mit dieser staatlichen Zulassung ist es möglich, eine öffentliche Apotheke zu betreiben. Als Experte für Gesundheit und Prävention steht der Apotheker beratend zur Seite und agiert seriös und unabhängig. Er betreut den Patienten fachlich, unterstützt ihn menschlich und leistet damit einen Beitrag zur erfolgreichen Umsetzung seiner Therapie im Alltag.

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