Antike Schranknähmaschine von Singer
Singer bis in die 1950er Jahre
Ein bisschen Historie.
Isaak Merrit Singer war keineswegs der Erfinder der Nähmaschine, denn Konstrukteure wie Howe, Wheeler & Wilson, Grover & Baker und andere hatten bereits erste Erfolge erzielt, als es um ihre Herstellung ging. Singer verwendete diese Erkenntnisse in Verbindung mit seinen eigenen Innovationen und fertigte im Jahr 1851 die erste funktionstüchtige und gut arbeitende Nähmaschine der Welt und gründete die Singer Manufacturing Company.
Von Ehrgeiz getrieben und zum Erfolg verdammt, gelang ihm und seinen versierten Mitarbeitern der weltweite Siegeszug der Nähmaschine. Neu eingeführte Finanzierungsmöglichkeiten trugen dazu bei, dass die Nähmaschine kein Luxusgut blieb, sondern in fast alle Haushalte einziehen konnte. Geschäftstüchtig und zu allem bereit, was in der neuen Welt machbar war, errichtete I. M. Singer das größte Nähmaschinen-Imperium und avancierte durch deren Herstellung zu einem der reichsten Männer seiner Zeit. Weltweit reihten sie neue Produktionsbetriebe in den Nähmaschinen-Bau ein. Singer war ein Pionier, verkörperte Qualität, wurde in der Anfangszeit kopiert und bildete auch in Deutschland die Grundlage der Nähmaschinen-Produktion.
Qualität aus jener Ära ist die hier gezeigte Ringschiffchen-Nähmaschine „Singer Improved Family', deren Bau in den Zeitraum zwischen 1878 und 1890 datiert werden kann.
Eine Nähmaschine war zu dieser Zeit etwas Besonderes, was schon bei ihrer Herstellung zum Ausdruck kam. Der gesamte Aufbau gleicht einem Kunstwerk. Dazu gehören das prachtvolle Eisengestell, die reichhaltig verzierte Maschine und die dekorativ geformte Haube, welche bei der hier gezeigten Nähmaschine bedauerlicherweise nicht mehr erhalten ist. Das Foto Nr. 13 (15) zeigt den Ringschiffchen-Greifer, der von dem CB-Greifer, den es heutzutage in zahlreichen Nähmaschinen-Modellen gibt, abgelöst wurde. Er funktioniert wie ein CB-Greifer, schwenkt zur Aufnahme des Oberfadens hinter die Nadel, nimmt den Faden auf, schiebt ihn bis zur Hälfte um die Kapsel und schwenkt wieder zurück, zur erneuten Fadenaufnahme.
Vorteil dieses Ringschiffchen-Systems ist, dass der Hauptteil des Umschlingungsfadens erst benötigt wird, wenn die lange Schlingenfänger-Spitze (des Greifers), die Oberfadenschlinge durchfahren hat. Zu diesem Zeitpunkt ist die Nadel bereits aus dem Nähgut ausgetreten und das von der Nadel verlassene Einstichsloch steht für den Fadenanzug des Oberfadens zur Verfügung. Leder oder spröde und hart gefertigte Leinwände sind für diesen Greifer kein Problem. Bis Mitte des 20. Jahrhunderts wurden Maschinen speziell für die Bearbeitung von solchen Materialien mit dem Ringschiffchen-Greifer ausgestattet. Heute ist dieser Greifer eine Seltenheit und wie das Foto Nr. 16 zeigt, ist die Spule besonders klein.
Sie hat die Maße äußerer Durchmesser 19,9 mm, innerer Durchmesser ca. 5,9 mm, mittlere Höhe ca. 8,9 mm, äußere Höhe ca. 6,9 mm.
Die Spulen des horizontal drehenden Singer Greifers passen nicht!
Ich habe diese Maschine nicht nur mit Leder und Jeans getestet, sondern auch Materialien wie Jersey und Slinky und kann versichern, dass dieser Greifer alles näht, keinen einzigen Stichaussetzer gezeigt hat und sie alles mit der einfachen Nadel des Systems 705/130 genäht hat. Die Mechanik dieser Maschine funktioniert auch heute noch einwandfrei, sie ist leichtgängig und leise. Die Funktion des Rückwärts-Nähens und die Lockerung der Fadenspannung beim Anheben des Füßchens gehören bei dieser Maschine noch nicht zum Komfort, diese Innovationen wurden erst in spätere Maschinen integriert.
Wenn ich diese Maschine mit einer Schwingschiffchen-Nähmaschine vergleichen darf, dann gelange ich zu dem Ergebnis, dass mir die Funktionsweise und das Nähverhalten der Ringschiffchen-Nähmaschine besser gefallen.
Dass es sich bei dieser Maschine zweifellos um die erste Liga handelt, ist keine Frage. Eine weitere Bewertung nehme ich nicht vor, denn so eine Maschine läuft zweifellos außerhalb der Konkurrenz und bei guter Pflege ist sie eine Nähmaschine für die Ewigkeit.
Vorzüge
Nadelsystem 705, Maschinenarm hat die bewährte Singer-Form
Nachteile
seltenes Spulenmaß, keine Motorhalterung, Gewicht 12 kg.
Text: I. Naumann
Die abgebildete Koffernähmaschine wurde 1874 in Elizabeth, New Jersey, USA gebaut. Ich erhielt sie in einem sehr gepflegten Zustand. Die Verzierungen sind zum größten Teil erhalten und auch mechanisch funktioniert sie einwandfrei. Lediglich das Langschiff musste gegen ein ‚neues‘ ausgetauscht werden. Das Abnehmen des rückwärtigen Deckels am Gusskörper ist leider nicht möglich, da sich eine Schraube nicht lösen lässt.
Dieses Modell wurde als „New Family'-Maschine bezeichnet und bereits 1863 eingeführt.
Es ist eine Langschiffmaschine. Das Schiff fährt also in einer geraden Linie von links nach rechts und zurück. Die Maschine näht mit Nadeln vom Typ 12x1. Dies sind dünne Nadeln mit rundem Schaft. Die Nadeln müssen in der Höhe und in der Stellung des Nadelöhrs ausgerichtet werden. Die lange Rille der Nadel muss beim Nähen nach vorn positioniert werden, wobei das Auge zu Ihnen zeigt. Die Nadelstange sollte mit dem Handrad so positioniert werden, dass die Führungsrille in der Nadelstange ungefähr mit dem Beginn der Frontplatte übereinstimmt. Das Nadelöhr befindet sich dann knapp über dem Transporteur. Nun kann die Nadelklemme fest gezogen werden, um die Nadel in der gewünschten Position zu fixieren. Sollte die Maschine keinen Stich bilden, reicht es aus die Höhe der Nadel geringfügig abzuändern. Der Faden wird von vorne nach hinten in die Nadel eingefädelt.
Der Handkurbelmechanismus der Singer „Modell 12' ist, im Gegensatz zu späteren Singer-Modellen, frei stehend. Er ist mit Schrauben am Fuß des Riemenschutzes befestigt.
Die älteren Modelle der „Singer 12' wurden mit zwei Nummernsätzen versehen. Die erste, in größerer Ziffern abgebildete Zahl, zeigt die Seriennummer, die zur Datierung dient. Die Ziffern in kleinerer Schriftgröße (Registernummern) waren zwischen den Werken in Elizabeth und Kilbowie fortlaufend. Nur die untere Nummer ist unterschiedlich. Sie zeigt quasi die laufende Summe von Klasse 12 Maschinen an, die an diesem Fabrikstandort produziert wurden.
Das Modell war in vielen verschiedenen Schränken und Koffern für jeden Geschmack (und jeden Geldbeutel) erhältlich. Die Einführung des Mietkaufprogramms durch den Singer Partner Edward Clark ermöglichte es jeder Näherin, sich eine Nähmaschine leisten zu können. Die Beträge konnten in wöchentlichen Raten abbezahlt werden.
Der Schriftzug „Singer' wurde erst nach und nach auf den Seiten des Arms aufgebracht. Zunächst zierte die Abbildung die Vorderseite der Nähmaschine. Auf beiden Seiten der „Singer 12' war er ca. ab 1887 zu sehen.
Eine weitere Seriennummer findet sich oft auch auf dem Ende der Armwelle. Wahrscheinlich wurde sie dort angebracht, um die Welle nach der Verzierung wieder mit ‚ihrem‘ Gusskörper zu verbinden.
Quellen (Stand 26.03.2019):
http://ismacs.net/singer_sewing_machine_company/singer-new-family-numbers.html
http://www.naehmaschinenwerk.de/singer_serialnumber/seite02_singer_0letter.htm
http://needlebar.org/nbwiki/index.php?title=Singer_12_(New_Family)
Text: D. Dröschler
Singer hat mit Erweiterung der Produktpalette noch vor Pfaff, Phoenix, Anker usw. in den 1890er Jahren die numerische Typenbezeichnung seiner Nähmaschinen eingeführt.
So wurde z.B. aus der "New Family" die Singer 12, aus der "Improved Family" (I.F.) und "Improved Family Central Bobbin" (I.F.C.B.) die Singer 15, aus der "Improved Machine" (I.M.) die Singer 16 oder der "Improved Carpet" die Singer 35.
Das Modell 48K war aus deutscher Sicht eine Antwort auf den auch damals vorhandenen Preisdruck durch die niedrigen Löhne besonders im Deutschen Reich gegenüber denen in USA und Großbritannien. Die immer größer werdenden internationalen Exporterfolge der über 200 deutschen Nähmaschinenfabikanten um die Jahrhundertwende zwangen den ältesten Weltmarkenführer zum Handeln. Der neue Chef im Hause Singer seit 1898, Frederick Gilbert Bourne, wollte erreichen, dass in jedem Haushalt, unabhängig vom Einkommen, „eine Singer-Nähmaschine' steht. Aus Großbritannien kam sicher auch politischer Druck, weil man das deutsche wirtschaftliche Großmachtstreben mit nicht unbegründetem Argwohn betrachtete und die größte Nähmaschinenfabrik der Welt in Clydebank/Kilbowie, Schottland bedroht sah. Es entstand eine speziell für dieses Werk Kilbowie auf minimale Produktionskosten reduzierte Maschine, was aber auch eine geradezu geniale Reduzierung der Technik auf das wirklich Notwendige und Zuverlässige bedeutete. Als Grundlage dienten die eigentlich veralteten Erfolgsmodelle 12 und 13, die man aber vor allem für die Produktionsabläufe verbesserte, verbunden mit ein bisschen mehr Bedienungskomfort.
Der Arm der 48K ist so kurz wie der der 12er, aber so hoch wie der der 13er, für mehr Stoffvolumen. Ausserdem wählte man eine rechteckige Grundplatte, aber kleiner als bei allen anderen Singer-Maschinen. Geschickt wählte man zunächst ausschließlich das beliebte, aber kostengünstige Dekor mit den „Osmanischen Nelken', „Ottoman Carnation', das schon auf verkaufsstarken „modernen' Maschinen der Klasse 12, IF und 28 zu finden war. Aber 1913 endete die Herstellung der technisch als rückständig und unmodern angesehenen Klasse 48K. Vermutlich brachten die doch kleinen verkauften Stückzahlen trotz niedriger Produktionskosten nicht den erhofften wirtschaftlicher Erfolg. Verschämt hatte man die 48er auch nicht in den offiziellen Katalogen beworben, sondern nur in bestimmten Läden, ähnlich wie heute manche nur bei Discountern oder Versandhäusern angebotene Markenmaschinen in Sonderausführung. Solche Stückzahlen bringende Verkaufswege gab es aber damals noch nicht. Inzwischen hatte Singer auch eigene kostengünstigere Produktionstandorte z. B. in Rußland und Deutschland/ Wittenberge. Nur Maschinen der späteren Klassen 115, 101, 206, 222K und 30K wurden freilich aus anderen Gründen noch weniger gebaut. Deutschland war auch nicht der primäre Exportmarkt für diese einfache Maschine. Entsprechend ist die 48K hierzulande relativ selten zu finden, obwohl sehr viele Exemplare aufgrund der robusten Konstruktion überlebt haben dürften. Der derzeitige Versteigungs-Durchschnittswert liegt, wegen mangelnder Bekanntheit, trotz kleiner Stückzahlen, in Deutschland bei nur 15€, ist im englischsprachigen Raum aber sehr viel höher. Es gab sie seltener ab ca. 1908 auch mit einem Roccaille-Dekor.
Man unterschied die 48K1 als Tretmaschine mit schwarzem Handrad, die 48K3 als Tretmaschine mit vernickeltem Handrad, die 48K2 als Handkurbelmaschine, mit schwarzen Handrad und die 48K4 als Handkurbelmaschine mit vernickeltem Handrad. Viele in Frage kommende Kunden wollten den Mehrpreis für „glänzenden Luxus' nicht zahlen, andere wollten die griffbeständigere Vernicklung. Die hier und da zu lesende Vermutung, dass eine Luxussteuer in einigen Ländern wie Frankreich und Kanada für plattierte Gegenstände der Grund gewesen sei, ist wohl mehr dem geschichtlichen Hinweis auf eine solche zeitweise tatsächlich existierende Steuer geschuldet.
Weitere ausführliche, aber englischsprachige Informationen und eine kurze Bedienungsanleitung finden sich in: http://needlebar.org/nbwiki/index.php/Singer_48K. und über Modelle und Dekore unter http://ismacs.net/singer_sewing_machine_company/decals/domestic-decals.html.
Das fast eckige Maschinengehäuse wirkt recht altmodisch. Der Grauguß nach ist Ausformen vor der Lackierung nur auf den direkten Sichtflächen, sonst z. B. unter dem Arm und hinter dem Handrad nur grob „geputzt' (= geschliffen) worden. Die Lackierung weist auch „Tränen' auf. Äusserlichkeiten wurden zugunsten dennoch sorgfältig verarbeiteter Technik reduziert, alles Zeichen für die extreme Kostenoptimierung. Nach Aufschrauben der vollständig zu öffnenden Rückseite (vereinfachte radikal die Produktion!) sieht man den minimalisierten Antrieb mit nur der Armwelle und einer davon mit Kegelradgetriebe abgeleiteten Königswelle, die gestützt von einem massiven, einstellbaren Gleitlager unter die Grundplatte zu einer Exzenterschwungscheibe führt.
Die Nadelstange wird durch eine flache Scheibe am Ende der Armwelle bewegt. Diese besitzt einen Zapfen mit Zylinderrolle am Rand. Die Rolle greift in eine auf der hohlen Nadelstange befestigten Kulissenführung. Damit wird die Stange mit Schiffchen und Transporteur synchronisiert angehoben und abgesenkt.
Eine Pleuel-Hebelstange treibt unter der Grundplatte den quer dazu arbeitenden, für den Hub über eine schräg ansteigende Gleitfäche geführten Transporteur gegen eine Spiralfeder an. Der Hebeldrehpunkt der Pleuelstange ist an einem Schieber befestigt, der damit den Ausschlag des linken Hebelarms und die Querbewegung des Transporteurs mittels des oben vor der Arnstütze liegenden Stichlängenknopfes verstellt. Die beiden schmalen Abdeckplatten lassen sich nach recht und links öffen und geben die Laufschiene des Schiffchens frei. Wird das Schiffchen in die äußerst linke Position gebracht, springt es bei Zug an der linken Abdeckplatte an den Endpunkt heraus. Eine Dampfmaschinen-ähnliche Treibstange führt von der Schwungsmassenscheibe zu einem zweischienigen Kreuzkopf, an dem der Führungskäfig des Schiffchens befestigt ist. Schnell zu einzuschlagende Kegelstifte sichern an vielen Stellen die Lager und Befestigungspunkte anstelle von Schrauben.
Das Schiffchen der 48er ist grundsätzlich wie das der 28er aufgebaut, natürlich mit flachem statt gebogenem Ende an der Spitze, entsprechend der geraden Laufbahn. Auch die Spule darin ist gleich. Eine kleine Schraube reguliert die Unterfadenspannung. Die 12er und 13er hatten noch seitlich offene Schiffchen, die wirklich wie ein Boot mit darin liegender , kleinerer Spule aussahen. Der unten angebrachte Spuler mit automatischer Fadenführung über die Spulenlänge ist identisch mit dem der 28er. Er wird von Hand ans Handrad gedrückt.
Auch wenn es zu vermuten wäre, nähen Längsschiffchenmaschinen nicht rückwärts. Das Handrad der eingefädelten Maschine darf wie bei allen normalen Nähmaschinen nur mit mit eingespanntem Stoff und nur in Linksrichtung - von oben auf sich zu - gedreht werden. Sonst gibt es „Fadensalat'. Bei Rückwärtsdrehung der Armwelle und rechts-links-Bewegung des Schiffchens wird die Nadel mit gespanntem Faden angehoben, bevor die Schiffchenspitze eine Schlaufe des Nadelfadens greifen kann,- es kommt zu keiner Verschlingung der Fäden. Der Ablauf ist rückwärts oder vorwärts verschieden. Bei Vorwärtslauf zieht die Nadel den vom Fadengeber entspannten Oberfaden durch den Stoff vor die Schiffchenspitze zum Einfädeln im tiefsten Punkt herunter. Dort wippt die Nadel einige mm kurz wieder nach oben und unten. Der Oberfaden wird dabei noch nicht gespannt, aber der hinter der Nadel durchgezogene Fadenteil durch die Reibung im Stoff und Nadelöhr zu einer genügend großen Schlinge geformt, durch die das Schiffchen fahren kann. Diesen Gegenhub mit diesem „Wippen' im unteren Totpunkt findet man so nur an Langschiffchen- und einigen Schumachermaschinen, um das Anheben und Klappern des Schiffchens oder des Greifers durch eine zu enge Schlinge zu verhindern. Moderne Greifersystem führen die Greiferspitze dicht hinter die Nadel in die Kehle über dem Öhr an der Rückseite unter den Oberfaden, der in diesem Bereich nicht an der Nadel anliegt. Neben der Spitzenform ist auch diese Kehle je nach Nadeltyp den unterschiedlichen Stoffen angepasst. Die ersten 15x1 = 130/705 Flachkolbennadeln hatten diese Hohlkehle noch nicht, die heute mit einem H und Zusatzbuchstaben für die Stoffart in der Bezeichnung gekennzeichnet wird. Ein Schiffchen hat auch mehr Abstand zur Nadel, die in einer Kerbe als Nadelschutz im Maschinenbett geführt wird. Dafür benötigten die Maschinen die ausgeprägte Schlaufe des Oberfadens. Moderne H-Nadeln funktionieren aber auf den alten Maschinen, die die Kehle eigentlich nicht benötigten. Bei Übernahme der hier vorgestellten Maschine tat infolge der großen Toleranz sogar eine an sich falsche, unbekannte Rundkolbennadel gleicher Länge, richtig eingesetzt problemlos ihren Dienst. Vermutlich war das konstruktive Absicht.
Die Fadenführung ist auf Bild Nr. 25 zu erkennen. Die Nadel wird quer zum Schiffchen von vorne nach hinten eingefädelt. Die 2 Fadenspannungsscheiben sind wie bei den 12er und 13er Modellen auf der Frontplatte befestigt. Die 12er und 13er hatten eine dritte, vordere Stange die oben aus dem Maschinenkopf ragte. Damit wurde bei diesen Maschinen die Fadenspannung reguliert. Bei der 48er führt ein mit den Scheiben an der flachen Kopfplatte befestigter, axial um 1,5 mm beweglicher, mit Kegelstift gesicherter Gewindestift durch ein Loch im Maschinenkopf hindurch. Er wird mit einer Feder in einem Zylinder, mit einer festen Rändelschraube am Ende, auf der Rückseite des Maschinenkopfes regulierbar verspannt. Die Fadenspannung wird nicht automatisch mit angehobener Drückerstange entlastet, sondern man muss auf den Befestigungsstift mit der Rändelschraube hinter dem Maschinenkopf drücken. Dies ist bei jedem Zug von Hand am Oberfaden erforderlich, z.B. Nahtende. Das Hochholen des Unterfadens geht wie bei allen Nähmaschinen.
Auffallend ist aus heutiger Sicht das Fehlen der bei modernen Maschinen üblichen Fadenanzugsfeder an den Fadenspannungscheiben, die Fadenanzugsfeder und die Spannungsscheiben sorgen für das ruckfreie Festziehen der Schlinge mit durchgefädelten Unterfaden bei Hochfahren des Fadengebers und der Nadel (in den Bildern als Fadenlegehebel bezeichet). Bei Abwärtsbewegung „gibt' der Fadengeber den für jeden Stich benötigten Oberfadenfaden völlig spannungsfrei nach unten. Aber es gibt auch bei diesen Maschinen diese Feder. Die Nadelstange ist geschlitzt und nimmt den am hinteren Ende gelagerten Fadengeber auf. Das Lager befindet sich in einem deutlich sichtbaren Gehäuseschlitz hinten im Maschinenkopf. In der hohlen Nadelstange sitzt zudem eine innere Stange, mit der der obere Anschlage des Fadengebers mittels einer kleinen Schraube am aus der Maschine ragenden Ende justiert wird. Eine Feder drückt den Fadengeber an diesen Anschlag, lässt ihm aber im Nadelstangenschlitz einen ausreichenden Federweg beim Fadenanzug. Die so intergrierte Fadenanzugsfeder lässt sich unter der Befestigungsschraube für den Fadengeber links oben am Maschinenkopf durch 3 Einrastlöcher für das Drahtende sogar in der Spannung regulieren. Diese geniale Lösung ist aber schon bei 12er und 13er Maschinen und, in verschiedenen, teils aufwändigeren Ausführungen, auch bei älteren deutschen Maschinen gleicher Bauart zu finden.
Der Massenaugleich („Auswuchtung') ist trotz Kostenreduzierung hervorragend gelungen. Alles bewegt sich bei sorgfältiger Schmierung leicht und leise. Wenn etwas klemmend, laut oder unrund läuft, fehlt Schmierung, oft am beschriebenen „Kreuzkopf'. Bringt man das Handrad ohne Motor oder Riemen manuell in Schwung, läuft die Maschine gut 4 Stiche nach, trotz der vielen bewegten Teile.
Diese 48K mit der Seriennummer R681587 kann nähtechnisch auch nach über 113 Jahren noch die Aufgaben erfüllen, für die sie 1902 gebaut wurde. Nur das schöne Dekor und die Lackierung haben unter Abnutzung gelitten, aber sie darf auch zeigen, dass darauf gearbeitet wurde. Der zugehörige Tisch mit Tretmechnismus ist abhanden gekommen. Sie steht auch ohne Grundplatte auf jeder Tischplatte. Die Gusseisen-Abdeckplatte auf der Standard-Motorbefestigung wurde noch nie abgeschraubt. Auf eine moderne Motorisierung wurde bisher verzichtet. Das kleine, gut transportable Maschinchen wird z. Zt. nur mit dem Handrad betrieben. Damit eignet es sich für diffizile kleine Näharbeiten wie z. B. das Sichern von Overlock- oder Kettenstichnahtenden. Statt Rückwärtsnähen wird das Nähgut kurz gewendet. Trotz einfachster Technik ist das Nähergebnis hervorragend. Die 48K näht einen auffallend gleichmäßigen und geraden Doppel-steppstich zwischen 1 und 4 mm Länge. Die 48K kann mit Nähfüßen und an der Nähfusstange oder den Gewindelöchen in der Grundplatte zu befestigendem Zubehör z. B. auch von der 28K oder 15D für fast alle Näharbeiten eingesetzt werden, natürlich noch ohne Zickzackstich und Rückwärtsgang. Längere Nähte in sehr dünnen, elastischen oder gewirkten Stoffen quittert sie allerdings mit Stichaussetzern, weil die oben beschriebene Schlaufenbildung nicht sicher funktioniert. Sie wiegt trotz ihrer spielzeughaften Größe ohne Holzplatte ca. 9 kg.
Der alten Gusseisenmaschine gebühren für Haltbarkeit und Näheigenschaften die üblichen 10 von 10 Punkten. Obwohl sie als preiswerte Maschine auch aus Sicht von Singer eher in die 2. Liga gehörte, nimmt sie es auch mit zeitgenössischen Maschinen der 1. Liga auf. Das war wohl auch das Ziel der Konstrukteure, preiswert und der Marke Singer entsprechend gut.
Text: Harald Demmer
In der hier gezeigten Bogen-Schwingschiffchen Nähmaschine aus dem Jahr 1904 stecken bereits über 50 Jahre Entwicklung und Erfahrung im Nähmaschinen-Bau von Singer.
Die kleine Singer ist ein echtes Schmuckstück, sieht aus wie ein Spielzeug, ist aber eine Nähmaschine in ¾ Version, die kraftvoll arbeiten kann und spielend funktioniert. Die Reduzierung der Größe und damit des Gewichtes auf 10 kg wurden vorgenommen, weil diese Maschinen auch als transportable Koffer-Nähmaschinen, (Holzsockel und Abdeckhaube oder Holzkiste mit Deckel), mit Handantrieb in alle Welt geliefert wurden. Die Halterungen dieser Maschine haben einen anderen Abstand als die Halterungen an Nähmaschinen in Normalgröße. Das bedeutet, dass die kleinen Maschinen nur in die für sie hergestellten Gestelle oder Sockel passen. Kein Problem gibt es dagegen beim Anbau eines Motors. An die Haltevorrichtung von Singer passen die meisten Motorhalterungen. Bei mir ist das die Standardvorrichtung, die ich als „normal' bezeichne. Weil einige Hersteller andere Vorrichtungen an ihren Nähmaschinen haben, betone ich es in meinen Erläuterungen zu den Nähmaschinen. Die kleine Maschine ist über 100 Jahre alt und es macht ihr und ihrer Mechanik überhaupt nichts aus, wenn ich sie heute mit Motor betreibe. Eine Geschwindigkeit, die mit einem Fußantrieb erreicht wird und bei der das Schwingschiffchen noch arbeiten kann, ist für sie keine außergewöhnliche Belastung. Ihre Mechanik ist für Motorantrieb ausgelegt, nur das Prinzip des Schwingschiffchens kommt bei zu hoher Geschwindigkeit an seine Grenzen (Fliehkraft), was mit der Grund dafür war, dass es durch die runden Greifer abgelöst wurde.
Foto Nr. 03 zeigt, dass die Fadenspannung durch Anheben des kleinen Hebels gelockert wird. Damit gehört diese Maschine mit zu den letzten dieser Art. Im Nachfolgemodell gibt es dazu von Singer eine Erneuerung.
Nähen mit einer Schwingschiffchen-Nähmaschine ist ein Erlebnis und macht großen Spaß. Sie näht alles, von den dicken Materialien bis zu den modernen Stoffen von heute liefert sie ein beeindruckendes Nähergebnis.
Nach über 100 Jahren ist sie noch voll einsatzfähig, ihre Erbauer haben nicht zu viel versprochen, als sie sagten, so eine Maschine soll mehreren Generationen dienen. Heute ist so ein toller Oldie aber von der Pflege und Zuwendung seiner Besitzer abhängig und kann nur das zurückgeben, was er vorher bekommen hat.
Vorzüge
Nadelsystem 705, normale Vorrichtung für einen Anbaumotor
Nachteile
Ersatzteile oder Zubehör nur gebraucht erhältlich, einfacher Komfort (zeitgemäß)
Hinweis: bei guter Pflege gehört sie zu den Maschinen für die Ewigkeit
Text: I. Naumann
Diese Bogen-Schwingschiffchen Nähmaschine aus dem Jahr 1912 ist das Nachfolgemodell der 28 K. Im Vergleich mit der 28 K handelt es sich um die gleiche ¾ Version, aber es gibt diverse technische Verbesserungen. Wie das Foto Nr. 07 zeigt, hat Singer eine Mechanik zur Lockerung der Fadenspannung eingebaut. Beim Anheben des Füßchens drückt ein Stift die Spannungsscheiben auseinander. Dieses Prinzip haben die meisten Nähmaschinenhersteller übernommen. Es hat sich Jahrzehnte bewährt, bei neuen Nähmaschinen findet man die Fadenspannung meist an einer anderen Stelle, aber gelockert wird sie immer noch bei der Betätigung des Lüfterhebels.
Die Auswurftaste für das Schiffchen, Foto Nr. 11, erleichtert seine Entnahme. Weil ein kleineres Handrad beim Motoreinsatz technisch effektiver ist, wurde es verkleinert und die damit verbundene Aufspuleinrichtung nach oben genommen. Die hintere Serviceöffnung, Fotos Nr. 22/23, hat eine neue Form und Abdeckung erhalten, damit lässt sich die Maschine zwecks Pflege wesentlich einfacher öffnen. Mit all diesen Neuerungen hat Singer den technischen Komfort der Nähmaschinen angehoben. Die meisten dieser Neuentwicklungen gehören bei späteren Modellen zur Grundausstattung.
Das Nähverhalten und alle bei ihrer Schwester 28 K schon genannten technischen Merkmale und Eigenschaften treffen auch für die 128 zu, nur die anderen Farben und Verzierungen lassen sie vielleicht schöner aussehen.
Vorzüge
siehe Singer 28 K
Nachteile
siehe Singer 28 K
Hinweis: auch die Singer 128 benötigt für eine lange Haltbarkeit beste Pflege
Text: I. Naumann
Ende des 19. Jahrhunderts war Singer der größte Nähmaschinen-Hersteller, es gab weltweit kein Unternehmen, das den Singer-Konzern ökonomisch hätte beeinflussen können. Singer expandierte in mehrere Länder, z.B. Russland (1902), Deutschland (1903), Kanada (1904) und baute dort Fabriken auf.
Die hier gezeigte Geradstich-Nähmaschine wurde um 1917 in Wittenberge gebaut. Es ist eine qualitativ hochwertige Maschine, die den bis zu diesem Zeitpunkt neuesten Komfort wie CB-Greifer, Lockerung der Fadenspannung beim Anheben des Füßchens und eine Vorrichtung zum Motoranbau besitzt. Eine Rückwärts-Naht kann mit der Technik dieses Modells noch nicht erzeugt werden. Die Stichlängen-Einstellung geht von 0 bis 4 mm. Die Singer Kl 15 ist eine robuste Nähmaschine, deren leichtgängige Mechanik präzise funktioniert. Sie hat ein angenehmes Nähverhalten, kommt mit allen Materialien zurecht und liefert auch nach fast 100 Jahren ein perfektes Nahtbild. Es ist eine Nähmaschine für die Ewigkeit, an deren meisterlichen Gesamtbild man sich auch heute noch erfreuen kann.
Vorzüge
CB-Greifer, Nadelsystem 705
Nachteile
Gewicht 12 kg
Hinweis: benötigt für eine lange Nutzungsdauer immer gute Pflege
Text: I. Naumann
Mit der Geradstich-Nähmaschine Kl. 15 hat das Singer-Unternehmen zum Zeitpunkt ihrer Konstruktion eine Nähmaschine geschaffen, die ihrer Zeit weit voraus war. Dieses Modell ist im Aufbau und der technischen Funktionsweise wahrhaftig ausgereift und man kann verstehen, dass die Kl. 15 (Titelfoto ein Modell aus dem Jahr 1918), mehrere Jahrzehnte gebaut wurde. Der technische Komfort wurde bei dem Nachfolgemodell Kl. 15/88 um das Rückwärtsnähen erweitert.
Die Singer hat eine stabile und spielend funktionierende Mechanik. Die Maschine läuft völlig gleichmäßig, es gibt keinen mechanischen Schwerpunkt, der ihren Lauf abbremst. Wenn ich sie mit herabgelassenem Füßchen und ohne Faden (Leerlauf) kräftig am Handrad anschiebe, dann reicht der Schwung für 5 bis 7 Stiche.
Wer eine Nähmaschine nur zum Kürzen von Hosen, zum Wechseln eines Reißverschlusses oder zum Gardinennähen sucht, der liegt mit so einem Geradstich-Oldie goldrichtig. Das Nahtbild ist bei allen Stoffarten TOP, die Nähmaschine transportiert stichsicher über umgeschlagene Nähte und sie akzeptiert alle Nähmaschinen-Garne. Wenn ich mit so einem Oldie nähe, dann stelle ich immer wieder fest, wie gut man mit den alten Handrädern die Näharbeiten lenken kann.
Diese Oldies gehören noch lange nicht zum alten Eisen, wer sie gut pflegt und richtig bedient, der wird bald erfahren, was wahre Qualität ist.
Vorzüge
CB-Greifer, Nadelsystem 705, leise und leichtgängige Mechanik
Nachteile
Gewicht 12 kg, noch kein Rückwärtsnähen
Hinweis: benötigt für eine lange Nutzungsdauer immer gute Pflege
Text: I. Naumann
Die Singer 15-88 ist die um die Rückwärtsnähfunktion erweiterte Weiterentwicklung der Singer 15 (siehe dort). Diese Singer-Nähmaschine gehört sicher zu den am häufigsten gebauten Modellen der Welt. Noch heute werden Nachbauten in nahezu identischer Form in Indien und China gebaut.
Text folgt.