Beendigungsfristen für Arbeitgeber nach der Probezeit
Beendigung des Arbeitsverhältnisses
Die Beendigungsfreiheit von Arbeitsverhältnissen stellt einen essenziellen Grundsatz des schweizerischen Arbeitsrechts dar. Es obliegt der autonomen Entscheidung (dem freien Willen) sowohl des Arbeitgebers als auch des Arbeitnehmers, ein Beschäftigungsverhältnis zu initiieren und dieses sodann wieder zu terminieren. Dennoch existiert eine beachtliche Begrenzung dieser Beendigungsfreiheit: Eine Auflösung des Dienstverhältnisses darf keineswegs aufgrund missbräuchlicher Beweggründe geschehen.
Im Art. 336 OR sind die entscheidenden Konstellationen des Missbrauchs durch das Gesetz explizit dargelegt:
a) Eine ausgesprochene Kündigung gilt als missbräuchlich, wenn deren Ursache in einer Eigenschaft liegt, welche der jeweiligen Vertragspartei (aufgrund) ihrer Persönlichkeit inhärent ist; es sei denn, besagte Eigenschaft hat einen direkten Bezug zum Arbeitsverhältnis oder beeinträchtigt die reibungslose Kollaboration im Unternehmen in erheblichem Maße (Art. 336 Abs. 1 Bst. a OR).
b) Missbräuchlich ist eine Beendigung des Arbeitsverhältnisses dann, wenn sie erfolgt, weil die zweite Vertragspartei ein durch die Verfassung garantiertes Recht in Anspruch nimmt; es sei denn, diese Rechtswahrnehmung verstößt gegen eine aus dem Arbeitsverhältnis resultierende Pflicht oder beeinträchtigt das betriebliche Miteinander erheblich (Art. 336 Abs. 1 Bst. b OR).
c) Ein Arbeitsverhältnis wird missbräuchlich aufgelöst, falls dies einzig zu dem Zweck geschieht, Forderungen der betreffenden Person aus dem Arbeitsverhältnis (absichtlich) zu unterbinden (Art. 336 Abs. 1 Bst. c OR).
d) Als missbräuchlich erweist sich eine Kündigung ebenfalls, wenn sie ausgesprochen wird, da die Gegenpartei in Treu und Glauben (redlich) Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis erhebt (Art. 336 Abs. 1 Bst. d OR). Dieser Sachverhalt wird mitunter als Vergeltungskündigung bezeichnet.
e) Eine Beendigung des Arbeitsverhältnisses ist ferner als missbräuchlich zu werten, wenn sie aufgrund (des schweizerischen) obligatorischen Wehrdienstes, Zivilschutzdienstes oder zivilen Ersatzdienstes veranlasst wird (Art. 336 Abs. 1 Bst. e OR).
f) Missbräuchlichkeit liegt vor, wenn eine Kündigung deshalb ausgesprochen wird, weil der Arbeitnehmer Mitglied einer Arbeitnehmerorganisation ist oder berechtigterweise gewerkschaftliche Aktivitäten wahrnimmt (Art. 336 Abs. 2 Bst. a OR).
g) Missbräuchlich ist eine Beendigung des Arbeitsverhältnisses zudem dann, wenn sie während der Zeitspanne erfolgt, in der der Beschäftigte als gewählter Vertreter der Arbeitnehmerschaft in einer innerbetrieblichen oder einem Unternehmen verbundenen Institution tätig ist, und der Dienstgeber keinen validen Kündigungsgrund belegen kann (Art. 336 Abs. 2 Bst. b OR).
h) Eine Kündigung ist ferner missbräuchlich, falls die Vorschriften zur Konsultationspflicht bei einer Massenentlassung nicht befolgt wurden (Art. 336 Abs. 2 Bst. c OR).
i) Erhebt eine Beschäftigte eine betriebsinterne Beschwerde infolge geschlechtsbedingter Diskriminierung oder schaltet die Schlichtungsstelle ein und spricht der Dienstgeber daraufhin eine Kündigung aus, so ist es der gerichtlichen Instanz möglich, diese Beendigung für unwirksam zu erklären. Die betroffene Arbeitnehmerin besitzt jedoch auch die Option, auf ihre Weiterbeschäftigung zu verzichten und stattdessen eine Abgeltung zu beanspruchen (Art. 10 Gleichstellungsgesetz).
Die unter den Buchstaben a bis e aufgeführten Sachverhalte des Missbrauchs können ebenso bei Beendigungen seitens des Arbeitnehmers gegeben sein. Ihre praktische Bedeutung entfaltet sich indessen primär bei Arbeitgeber-Kündigungen.
Zusätzlich zu diesen gesetzlich festgelegten Missbrauchstatbeständen hat die bisherige Gerichtspraxis weitere Sachverhalte als unzulässig eingestuft:
- Eine sogenannte Änderungskündigung, welche eine ungerechtfertigte Benachteiligung für den Vertragspartner bezweckt, ohne dass hierfür stichhaltige betriebliche oder marktbezogene Ursachen vorliegen.
- Die Beendigung eines Arbeitsverhältnisses infolge einer Leistungsminderung seitens des Arbeitnehmers, wenn diese Leistungseinbuße auf Mobbing zurückzuführen ist und der Arbeitgeber keine Gegenmaßnahmen gegen diese Schikane ergriffen hatte.
Sollte eine als missbräuchlich eingestufte Kündigung vorliegen, so hat die kündigende Vertragspartei der Gegenpartei eine finanzielle Kompensation in Höhe von bis zu sechs Monatsgehältern zu entrichten. Im Falle eines Verstoßes gegen die Konsultationspflicht bei Massenentlassungen ist die zu zahlende Entschädigung auf den Betrag von zwei Monatslöhnen je Arbeitnehmer limitiert (Art. 336a OR).
Im Zusammenhang damit sind zwei wichtige Verfahrensregeln zu berücksichtigen: Wer eine Abfindung geltend machen möchte, hat zwingend vor Ablauf der Kündigungsfrist schriftlich Widerspruch beim Arbeitgeber einzulegen. Ferner ist es erforderlich, die gerichtliche Klage spätestens innerhalb von einhundertachtzig (180) Tagen, beginnend mit der Beendigung des Arbeitsverhältnisses, bei Gericht einzureichen (Art. 336b OR).
Artikel 336 OR
Artikel 10 GlG
Artikel 336a OR
Artikel 336b OR